Biografie

Ulrich Mack

Handwerker, Künstler, Humanist
Der Fotograf Ulrich Mack – Werk und Vita

von Hans-Michael Koetzle

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Wer sich für Fotografie interessiert, kommt an Ulrich Mack nicht vorbei. 1934 in Thüringen geboren und seit langem in Hamburg zuhause, zählt Ulrich Mack zu den herausragenden Kamerakünstlern im Deutschland der 1950er- bis 90er-Jahre.
Zu fotografieren begonnen hat der Absolvent der Hochschule für bildende Künste und Schüler des legendären Alfred Mahlau unter dem Eindruck der Ausstellung „The Family of Man“ sowie der Arbeiten des Franzosen Henri Cartier-Bresson. Allerdings wurde dessen Streben nach dem „Entscheidenden Augenblick“ für Mack sowenig verbindlich wie die zum Sentimentalen tendierende Botschaft der 1955 in New York gestarteten, weltweit gezeigten Schau.

Mack schwimmt sich zügig frei, findet zu einer eigenen Haltung, in der sich handwerkliche Exzellenz verbindet mit einer Suche nach dem Wesentlichen. Macks Bilder sind gut gesehen, sorgfältig gebaut, wohlkomponiert. Da ist nichts Zufälliges, Spekulatives. Alles Beliebige ist getilgt zugunsten einer großen Klarheit, was ästhetische Finesse nicht ausschließt. Die Bildschöpfungen des Fotografen Ulrich Mack tragen eine klare Handschrift.
Sie zeugen von einem Ringen um die Form, ohne in Formalismus abzugleiten. Mack nimmt die Fotografie in ihren medialen Eigenheiten ernst, was nicht bedeutet dass nicht auch seinen Bildern eine große Poesie innewohnt. Im Übrigen hat sich Ulrich Mack alle Optionen offengehalten. Mit dem Kleinbild, der Leica, wusste und weiß er ebenso souverän umzugehen wie mit der Plattenkamera. Die reaktionsschnelle Life-Fotografie ist ihm ebenso vertraut wie das großformatige Sofortbild samt Studio und Blitz.

Früh hat sich Mack die Farbe als Ausdrucksmittel erschlossen, ohne die abstrahierende Kraft der Schwarz-Weiß-Fotografie aufzugeben. Reportagen im Auftrag führender illustrierter Zeitschriften wie twen, Quick oder Stern, Zeit-magazin, Merian oder Du gehören so selbstverständlich zu seinem Portfolio wie Landschaften im Selbstauftrag.
Er weiß um die suggestive Wirkung journalistischer Einzelbilder, aber auch die Möglichkeiten serieller Langzeitprojekte.Seine Auseinandersetzung mit dem Porträt nicht zu vergessen, wobei er immer wieder die Begegnung mit Malern, Musikern, Schauspielern oder Dichtern gesucht hat. Aufnahmen von Igor Strawinsky, Henry Miller, Ingeborg Bachmann, Günter Grass oder Peter Rühmkorf finden sich ebenso in seinem immensen Archiv wie Porträts von Emil Schumacher, Oskar Kokoschka, Max Ernst, Françoise Gilot, Horst Janssen oder Alexander Calder.

In der Summe ist Mack ein großer Humanist. Selbst in seinen menschenleeren, sensibel erfassten Küstenlandschaften ist ein großes Nachdenken über unser Leben, unsere Existenz aufgehoben. Und noch den unter dem Eindruck von Albert Renger-Patzsch ausgesprochen sachlich erfassten Gegenständen – vom Holzscheit bis zum Schuheisen – möchte man so etwas wie „Seele“ zugestehen. Auch wenn er selbst sich stets und nicht ohne Stolz als Handwerker verstanden hat: Ulrich Mack ist ein eminenter, allerdings auch häufig übersehener Künstler, dessen Werk zu den herausragenden Beiträgen der deutschen Fotografie im 20. Jahrhundert gerechnet werden muss.

Das Œuvre des Fotografen Ulrich Mack ist ein Kontinent für sich. Wer es nicht kennt, sollte es entdecken.

 

Biografie

          1934    In Glasehausen (Eichsfeld) als sechstes von neun Kindern
                      des Lehrers Ulrich Mack und seiner Ehefrau Gertrud geboren
          1945    Flucht aus Thorn (Westpreußen)
1953-1955     Bergmann im Gedinge, Oberschulbesuch,
                      Abschluss mit Oberprimarreife
1956-1962     Studium an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg
                      bei Alfred Mahlau (Malerei) und Eberhard Troeger (Fotografie),
                      Tätigkeit als Fischer in Spanien und Holzfäller in Schweden
         1962     Freier Fotograf in Hamburg
1963-1967     Bildjournalist für Quick (München),
                      Arbeiten für twen (Art Director Willy Fleckhaus)
         1964     Internationaler Durchbruch mit einem Bild-Essay
                      über Wildpferde in Kenia, erschienen in twen
                      unter dem Titel »Mondo Cavallo«,
                      Hochzeit mit Katrin Beisert
          1967    Wechsel zum Stern nach Hamburg
          1968    Erster Aufenthalt auf Pellworm für eine Stern-Reportage über
                      »Dichter und ihr Paradies: Siegfried Lenz – Pellworm«
          1973    Freier Fotograf in Hamburg, Werbung, Filme für den NDR
          1975    Lehrer für Fotografie an der Fachhochschule Dortmund
1976-1999     Professur für Visuelle Kommunikation
                      an der Fachhochschule Dortmund
          1977    Gründung der Sommerakademie in der Abbaye du Gard
                      bei Amiens, Frankreich.
                      Dort bis 2001 jährliche Lehrgänge unter seiner Leitung
          1978    Beginn der Dokumentation über Pellworm,
                      seine Landschaft und seine Menschen
          1984    Aufenthalt auf Harkers Island / North Carolina.
                      Vergleichende Studie zwischen Pellworm und Harkers Island
          1988    Gastprofessur an der Boston University,
                      College of Communication
          1993    Umfangreiche Dokumentation über den Holm,
                      ein traditionsreiches Fischerviertel am Rande Schleswigs
1995, 1997
1999-2003     Artist in Residence an der Boston University

                      Ulrich Mack lebt mit seiner Frau Katrin in Hamburg.